Daniel Bölinger und Georg Keller erhalten den Young Scientist Award 2013

Auszeichnung für herausragende Arbeiten junger Wissenschaftler

14. Januar 2013

Seit dem 17. Jahrhundert ist das Veröffentlichen von Forschungs-ergebnissen Teil der wissenschaftlichen Arbeit – denn nur veröffentlichte Ergebnisse gelten als allgemein anerkannt. Dies soll zum einen die gleichbleibend hohe Qualität der Arbeiten sichern, da Ergebnisse so von anderen überprüft werden können. Zum anderen steht hinter dem Aufruf zur Veröffentlichung der Grundgedanke, dass Wissenschaftler weltweit von den Ergebnissen erfahren und so auf diese aufbauen können.

Den hohen Stellenwert wissenschaftlicher Publikationen würdigt der „Young Scientist Award“, mit dem das Max-Planck-Institut (MPI) für Neurobiologie jedes Jahr zwei herausragende Publikationen junger Wissenschaftler würdigt. Zur Wahl stehen veröffentlichte Arbeiten des letzten Jahres, deren Erstautoren am MPI für Neurobiologie an ihrer Doktorarbeit arbeiten oder diese vor kurzem abgeschlossen haben.

Am 14. Januar 2013 wurde der mit jeweils 1.000 Euro dotierte Preis an Dr. Daniel Bölinger und Dr. Georg Keller überreicht. Im Rahmen einer institutsinternen Veranstaltung stellten die beiden Preisträger ihre ausgezeichneten Arbeiten noch einmal vor: Daniel Bölinger beschrieb seine in der Fachzeitschrift Neuron publizierte Arbeit vom Januar 2012. Georg Keller sprach über seine herausragende Arbeit, die im Juni 2012 ebenfalls in Neuron veröffentlicht wurde.

Die Preisträger und ihre ausgezeichneten Arbeiten

Dr. Daniel Bölinger: Größer oder heller? Grundlagenforschung zum Sehen
Wie Nervenzellen in der Netzhaut des Auges Bilder analysieren

Sehen beginnt, wenn Licht auf die Netzhaut des Auges trifft. Sofort werden Nervenzellen in der Netzhaut aktiv. Spezialisierte Zellen in der Netzhaut, die Fotorezeptoren, nehmen dabei das Licht auf, wandeln es in elektrische Signale um und senden diese Information über ihre Synapsen an andere Nervenzellen in der Netzhaut weiter. Bisher wusste man: Jede Zelle ist dabei für einen kleinen Ausschnitt des visuellen Gesichtsfeldes zuständig. Wie aber unterscheiden die Zellen, ob das Licht innerhalb dieses Ausschnitts von einem kleinen, hellen Objekt ausgeht, oder aber von einem großen, signalschwachen Objekt ausgesendet wird? In seiner Arbeit beschreibt Daniel Bölinger Mechanismen in den Nervenzellen des Auges, die es beim Sehen ermöglichen zwischen kleinen, kontrastreichen und großen, kontrastarmen Objekten zu unterscheiden. (Neuron, Januar 2012)

Daniel Bölinger kam 2008 an das Max-Planck-Institut für Neurobiologie. Hier arbeitete er an seiner Doktorarbeit in der Max-Planck-Forschungsgruppe Visuelle Kodierung unter der Leitung von Prof. Tim Gollisch. Eingebettet in das Doktorandenprogramm des Bernstein Centers for Computational Neurobiology (BCCN), schloss Daniel Bölinger seine Doktorarbeit 2012 mit Auszeichnung ab. Heute arbeitet er bei einer großen Münchner Versicherung als Risiko-Analyst für Naturkatastrophen.

Dr. Georg Keller: Erwartet oder nicht erwartet? Datenabgleich im visuellen Cortex
Informationen von den Augen und dem Bewegungsapparat werden im Gehirn schon früh miteinander verflochten

Die Bilder, die das Gehirn von den Augen erhält, unterscheiden sich je nachdem, ob der Träger der Augen still steht oder sich bewegt. Bewegt sich ein Organismus selbst, so muss das Gehirn diese Eigenbewegung herausrechnen, um zum Beispiel die Richtung und Geschwindigkeit eines fliegenden Vogels richtig einschätzen zu können. Doch wann und wo geschieht diese Verrechnung im Gehirn? Georg Keller entwickelte einen Versuchsaufbau aus virtueller Umgebung und einem maßgeschneidertem Zwei-Photonen-Mikroskop, um dieser Frage näher zu kommen. Bisher dachte man, dass diese Verrechnung erst relativ spät im Sehsystem passiert. Georg Kellers Untersuchungen zeigen nun aber, dass schon in der ersten Verarbeitungsstation des visuellen Cortex Informationen von den Augen mit Signalen aus dem Bewegungsapparat abgeglichen werden. So reagierten Nervenzellen im primären visuellen Cortex einer laufenden, nicht jedoch einer stillstehenden, Maus sehr ausgeprägt auf ein plötzliches Anhalten der Bewegung der virtuellen Umgebung, da dieses „Einfrieren“ des Gesehenen unerwartet ist. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Gehirn schon sehr früh Vergleiche zieht zwischen der Erwartung aufgrund der eigenen Bewegung und dem tatsächlich Gesehenen. (Neuron, Juni 2012)

Georg Keller kam 2009 nach seiner Doktorarbeit am Institute of Neuroinformatics in Zürich an das MPI für Neurobiologie. Hier erforschte er in der Abteilung Synapses – Plasticity – Circuits, unter der Leitung von Prof. Mark Hübener und Prof. Tobias Bonhoeffer, die Feedback-Signale von Bewegungen im visuellen Cortex. Für diese Arbeiten erhielt er eines der renommiertesten Forschungsstipendien für Naturwissenschaftler – das Long-Term Fellowship des Human Frontier Science Programs (HFSP). Heute leitet Georg Keller seine eigene Arbeitsgruppe am Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research in Basel.

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