Zellkraftwerke im Fokus

Mitochondrien-Forschung von Angelika Harbauer wird durch ERC Starting Grant gefördert

Viele neurologische Erkrankungen werden durch Fehlfunktionen in den zellulären Kraftwerken, den Mitochondrien, begünstigt oder ausgelöst. Angelika Harbauer erforscht mit ihrem Team am MPI für biologische Intelligenz (in Gründung) die Funktionsweise der Mitochondrien in Nervenzellen, um die Vorgänge einer Krankheitsentstehung und die Wirkungsweise von Medikamenten besser zu verstehen. Unter anderem wollen die Forscher*innen herausfinden, wie bestimmte zelluläre Kommunikationswege das Entstehen und die Funktion der Mitochondrien beeinflussen. Dieses Forschungsprojekt wird in den kommenden fünf Jahren durch einen Starting Grant des European Research Councils (ERC) in Höhe von 1,5 Mio. € unterstützt.

Mitochondrien stellen einen Großteil der Energie bereit, die unsere Zellen zum Leben und Arbeiten brauchen. Die biologischen Kraftwerke gehören somit zur "kritischen Infrastruktur" unserer Zellen. In Nervenzellen werden sie besonders stark beansprucht, da die Informationsübermittlung entlang der weitläufigen Fortsätze der Zellen viel Energie benötigt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Fehlfunktionen der Mitochondrien zu einer Reihe von Erkrankungen führen können. Dazu zählen neurodegenerative Erkrankungen, wie zum Beispiel Alzheimer, aber auch neuropsychiatrische Krankheiten, wie beispielsweise bipolare Störungen.

Angelika Harbauer erforscht, wie Mitochondrien in Nervenzellen gebildet werden, wie sie funktionieren, und wie sie am Ende ihrer Lebensdauer recycelt werden. In ihrer jüngsten Studie konnte sie zusammen mit ihrem Team und Kolleg*innen in den USA zeigen, dass die mobilen Mitochondrien bei ihrer Reise durch die Nervenzelle Proteinbaupläne mitnehmen. Dadurch sichern sich die Zellkraftwerke auch an abgelegenen Orten der Nervenzellen einen steten Nachschub an Proteinen, die sie für ihre Arbeit benötigen.

Ein für die Mitochondrien wichtiges Protein ist Synaptojanin 2. Es moduliert zelluläre Signale, hilft beim Transport von Proteinbauplänen und ist an der Qualitätskontrolle von Mitochondrien beteiligt. „Wie genau Synaptojanin 2 sich auf die Arbeit von Mitochondrien auswirkt, wissen wir noch nicht“, sagt Gruppenleiterin Angelika Harbauer. „Wie regulieren Synaptojanin 2 und verwandte Proteine die Herstellung, die Funktion, und das Recycling von Mitochondrien? Und welche Rolle spielen dabei zelluläre Kommunikationssignale? Darüber ist bisher nichts bekannt.“

In ihrem neuen Projekt, welches nun durch einen ERC Starting Grant in Millionenhöhe gefördert wird, möchte Angelika Harbauer diese Zusammenhänge genauer erforschen. Mitochondrien stehen über biochemische Signale in regem Austausch mit anderen Zellbestandteilen – dadurch steuert die Zelle die Arbeit der Mitochondrien. Bei Erkrankungen kann es zu Störungen dieser Kommunikationssignale kommen. Einige Medikamente zur Behandlung von neurologischen Erkrankungen wirken daher über einen Kommunikationsweg, an dem auch Synaptojanin 2 beteiligt ist, welches wiederum mit den Mitochondrien in Kontakt steht. „Wir hoffen durch unsere Forschung ein besseres Verständnis darüber zu erlangen, wie sich zelluläre Signale und Medikamente auf Synaptojanin 2 und die Mitochondrienfunktion auswirken. Dadurch bekommen wir vielleicht auch Ansatzpunkte für neue Therapien“, erklärt Angelika Harbauer.

Für einen Teil ihres neuen Projekts wird die Forschungsgruppe von Angelika Harbauer eng mit den Teams von Jörgen Kornfeld und Rüdiger Klein am Institut zusammenarbeiten. „Der ERC Starting Grant ermöglicht es uns vorhandene Synergien optimal zu nutzen“, so Angelika Harbauer. „Zusammen wollen wir den ganzen Weg gehen, von den molekularen Mechanismen in isolierten Zellen bis hin zu ihrem Einfluss auf das Verhalten. Nur wenn wir die grundlegenden Zusammenhänge verstehen, können wir therapeutische Ziele in den Blick nehmen.“

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