Sichtbare Kalziumkonzentrationen

Indikator-Moleküle machen Änderungen im Kalziumspiegel erstmals auch außerhalb von Zellen sichtbar

Der Mineralstoff Kalzium ist ein entscheidender Baustein unzähliger Funktionen im Körper. Für viele Vorgänge strömt Kalzium dabei selektiv aus der Umgebung der Zellen in diese ein. Wie sich die Kalziumkonzentrationen in dem wichtigen Bereich außerhalb der Zellen verhalten, konnte aufgrund fehlender Methoden bisher kaum untersucht werden. Ein Team um Oliver Griesbeck vom Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz stellt nun nach jahrelanger Entwicklung Sensoren zur Verfügung, die diese Lücke schließen.

Kalzium ist wichtig für Knochen, Zähne und Muskeln. Doch auch im Nervensystem spielt Kalzium eine entscheidende Rolle: Soll zum Beispiel ein Impuls von einer Nervenzelle zur nächsten weitergegeben werden, öffnen sich spannungsabhängige Kalziumkanäle und der Mineralstoff strömt aus der nahen Umgebung in die Nervenzelle ein. Als Reaktion auf diesen Kalziumanstieg setzt die Zelle sogenannte Neurotransmittermoleküle frei, die die nachgeschaltete Nervenzelle aktivieren können. So kann eine Nachricht von einer Zelle zur nächsten übermittelt werden.

Was Kalzium innerhalb einer Zelle macht, ist recht gut erforscht. Das Kalziumvorkommen außerhalb der Zellen wurde dagegen meist als "vorhanden" zur Kenntnis genommen und dann weitgehend ignoriert. Das lag nicht zuletzt daran, dass – vor allem im Gehirn – die Zwischenräume zwischen den Zellen oft sehr eng, weit verzweigt und eventuell zum Teil in einzelne Unterräume zerteilt sind. Zusammen mit der Tatsache, dass es kaum geeignete Werkzeuge für das Erfassen von Kalzium außerhalb von Zellen gab, machte detaillierte Untersuchungen fast unmöglich.

„Für ein umfassendes Verständnis von Kalziumfunktionen im Körper wäre es wichtig, das Zusammenspiel von Kalziumvorkommen sowohl in- als auch außerhalb von Zellen direkt im Gewebe studieren zu können. Wir haben daher genetisch kodierte Biosensoren entwickelt, mit denen man Kalzium in den oft schwer zugänglichen Zellzwischenräumen messen kann“, berichtet Oliver Griesbeck, Leiter einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz.

Was bei Oliver Griesbeck fast einfach klingt, ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit. Wieder und wieder mussten er und seine Kolleg*innen die neu entwickelten Sensoren optimieren, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Denn die Sensoren müssen nicht nur zuverlässig bei den viel höheren Kalziumkonzentrationen außerhalb der Zellen arbeiten, sondern auch empfindlich genug sein, um hier eine Konzentrationsänderungen mit einer großen Fluoreszenzänderungen anzuzeigen. Genau das ist dem Team mit den neuen GreenT-EC Biosensoren nun gelungen.

Die neu entwickelten GreenT-EC Biomoleküle werden von einem genetisch entsprechend veränderten Organismus selbst gebildet. Werden die Moleküle an die Außenseite von Zellen transportiert, fluoreszieren die Sensoren aufgrund der hohen Kalziumkonzentration im äußeren Milieu leuchtend grün. Eine Konzentrationsänderung zeigt sich hier dann durch messbare Änderungen der Fluoreszenz.

„Es war schon beeindruckend, als wir das erste Mal die Dynamik der Kalziumkonzentrationen außerhalb von Zellen wirklich beobachten konnten“, erinnert sich Oliver Griesbeck. Das Team hat die neuen Sensoren bereits in verschiedenen Tierarten getestet, wo sie zuverlässig funktionieren. „Nun hoffen wir, dass die Sensoren bei den verschiedensten Studien zum Einsatz kommen und so Antworten auf die vielen offenen Fragen zur Bewegung von Kalzium im Körper liefern.“

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