Otto-Hahn-Medaille für zwei Nachwuchs­wissenschaftler

Ingo Bartholomäus und Adrian Wertz werden für herausragende Forschung ausgezeichnet

16. Juni 2010
In diesem Jahr werden gleich zwei junge Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet. Der mit 5000€ dotierte Preis wird für herausragende wissenschaftliche Leistungen vergeben. Gewürdigt wird Ingo Bartholomäus (Abteilung Neuroimmunologie) für seine Untersuchungen zum Eindringen aggressiver Immunzellen in das Hirngewebe. Adrian Wertz (Abteilung Neuronale Informationsverarbeitung) wird für seine Arbeiten zur Erfassung von Eigenbewegungen von Nervenzellen des Fliegengehirns ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am 16. Juni im Rahmen der Jahreshauptversammlung der Max-Planck-Gesellschaft in Hannover statt.

Durch die Vergabe der Otto-Hahn-Medaille sollen besonders begabte Nachwuchs-wissenschaftler zu einer Forscherkarriere motiviert werden. Die Auszeichnung ist nach dem deutschen Chemiker und Nobelpreisträger Otto Hahn benannt, der zwischen 1946 – 1960 Präsident der Max-Planck-Gesellschaft war.

Die ausgezeichnete Forschung von Ingo Bartholomäus

Bei der Multiplen Sklerose dringen Zellen des Immunsystems in das Hirngewebe ein, wo sie großen Schaden anrichten. Lange Zeit war es ein Rätsel, wie diese Zellen den Blutstrom verlassen können, denn Blut- und Nervensystem sind normalerweise durch spezielle Blutgefäßwände voneinander getrennt.

Im Rahmen seiner Doktorarbeit gelang es Ingo Bartholomäus erstmals, die Bewegungen dieser Zellen (T-Lymphozyten) "live" unter einem Mikroskop zu beobachten. Dabei konnte er zeigen, dass sich die Zellen ganz anders verhalten als angenommen: Erreichen die T-Lymphozyten mit dem Blutstrom das Gehirn, so haften sie direkt an der Innenseite des Blutgefäßes, wo sie eine Zeitlang auch gegen den Blutstrom entlangkriechen. Dann werden sie entweder wieder vom Blut mitgerissen oder zwängen sich durch die Gefäßwand und dringen in das Hirngewebe ein. Hier werden die T-Lymphozyten durch andere Zellen aktiviert, worauf es zu einer Entzündung kommt durch die Nervenzellen des Gehirns geschädigt werden.

Die Erkenntnisse von Herrn Bartholomäus führen zu einem neuen Verständnis einiger der Vorgänge bei entzündlichen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems.

Die ausgezeichnete Forschung von Adrian Wertz

Bewegen wir uns vorwärts, so bewegt sich die Umgebung vor unseren Augen nach hinten. Drehen wir uns um eine Körperachse, so dreht sich die Welt vor unseren Augen in die entgegengesetzte Richtung. Dieser von den Augen wahrgenommene "optische Fluss" wird von Nervenzellen im Gehirn unter anderem zur visuellen Kurssteuerung genutzt.

Als wahrer Luftakrobat ist die Fliege auf eine schnelle Verarbeitung des optischen Flusses angewiesen und hat dies zur Perfektion gebracht. Im Fliegenhirn analysieren Nervenzellen den von den Augen wahrgenommenen optischen Fluss und leiten die Informationen an einen Satz nachgeschalteter Zellen weiter. Diese sogenannten absteigenden Nervenzellen greifen dann direkt in die motorischen Zentren zur Flug- und Laufsteuerung ein. Wie diese Zellen jedoch untereinander verschaltet sind, war lange Zeit unklar.

Adrian Wertz hat in seiner Doktorarbeit die Verschaltung und Funktion einiger dieser Zellen im Detail untersucht. Seine Arbeiten haben unter anderem gezeigt, dass die absteigenden Zellen auf Drehbewegungen um verschiedene Körperachsen am stärksten reagieren. Das Besondere hierbei ist, dass die Signalübertragung von mehreren Nervenzellen im Gehirn auf die absteigenden Zellen elektrisch erfolgt. Normalerweise wird das Signal einer Nervenzelle über chemische Botenstoffe an die nachgeschaltete Zelle übertragen. Die spezielle elektrische Verschaltung erlaubt es, Unstimmigkeiten im optischen Fluss herauszufiltern: Drehen wir uns nach links, so dreht sich unsere Umwelt nach rechts; fährt nun ein Zug im Hintergrund ebenfalls nach links, führt das zu einer Unstimmigkeit. Die elektrische Verschaltung von mehreren Nervenzellen auf eine absteigende Zelle filtert solche Unstimmigkeiten im Fliegenhirn heraus. Dieser Befund ist äußerst wichtig zum Verständnis der Flugsteuerung, und ist auch für künstliche Systeme (z.B. Flugroboter) sehr interessant.

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