Demografie beeinflusst Brutfürsorge bei Regenpfeifern

Bei ungleichem Geschlechterverhältnis kümmern sich die Männchen der Vögel um den Nachwuchs

25. April 2018

Das Verhältnis von Männchen zu Weibchen ist ein wichtiges demografisches Merkmal in natürlichen Populationen, ungleiche Geschlechterverhältnisse treten dabei recht häufig auf. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen haben herausgefunden, dass sich diese Ungleichheit bei Regenpfeifern im Jugendalter herausbildet und auf die Zusammenarbeit der Eltern bei der Brutfürsorge auswirkt. Bei einem ungleichen Verhältnis in der Population ist es wahrscheinlicher, dass ein Elternteil den Nachwuchs großzieht. Bei den Regenpfeifern tut das meistens das Männchen. In ausgeglichenen Populationen dagegen kümmern sich eher beide Eltern um die Jungenaufzucht.

Das Geschlechterverhältnis in einer Population wirkt sich auf die Verfügbarkeit von Paarungspartnern aus. Dies hat Konsequenzen für das Sozialverhalten: Ist ein Geschlecht in der Überzahl, gibt es häufiger Scheidungen, Untreue oder elterlichen Antagonismus. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie und der Universitäten Bath und Bielefeld wollten nun wissen, in welcher Lebensphase und unter welchen Bedingungen es zu solchen Verschiebungen im Geschlechterverhältnis kommt. Dazu haben sie fünf Regenpfeifer-Arten aus sechs Populationen untersucht. Anhand einer einmaligen individuellen Markierung der Tiere durch Farbringe und einer Blutprobe der Küken zur Bestimmung des Geschlechts haben sie Überlebensrate, Fruchtbarkeit und Brutverhalten von über 6.000 Individuen analysiert.

In allen Populationen hinweg war das Geschlechterverhältnis der Küken beim Schlüpfen zunächst etwa gleich verteilt. Die Überlebenswahrscheinlichkeit des männlichen und weiblichen Nachwuchses variierte jedoch stark zwischen und auch innerhalb der Arten: „Zu Verschiebungen im Geschlechterverhältnis hin zu mehr Weibchen oder Männchen in der Population tragen jugendliche Tiere acht Mal häufiger bei als Erwachsene, und sogar 327 Mal häufiger als gerade geschlüpfte Küken“, sagt Luke Eberhard-Phillips, Erstautor der Studie. „Wir wissen nicht genau, warum ein Geschlecht das Jugendstadium besser überlebt als das andere. Dies zu untersuchen, wird der nächste Schritt unserer Forschung sein."

Auswirkungen auf das Verhalten der Eltern

Die Wissenschaftler haben zudem herausgefunden, dass das Geschlechterverhältnis der ausgewachsenen Tiere unmittelbare Auswirkungen auf die Brutfürsorge der Eltern hat: In ausgeglichenen Populationen ist es wahrscheinlicher, dass sich beide Elternteile um den Nachwuchs kümmern. Ist das Geschlechterverhältnis jedoch ungleich, kümmert sich eher nur ein Elternteil. Die Wissenschaftler erwarteten, dass in diesem Falle eher das häufigere Geschlecht bei den Jungen bleibt, da die Aussichten geringer sind, einen neuen Partner für die Fortpflanzung zu finden.

Tatsächlich kümmern sich aber eher die Männchen, wenn das Geschlechterverhältnis zu ihren Gunsten verschoben ist. Dann überleben auch mehr Männchen. Gibt es mehr Weibchen, versorgen erstaunlicherweise jedoch auch eher die Männchen den Nachwuchs. In diesem Fall überleben jedoch mehr weibliche Küken. „Möglicherweise haben sich in der Stammesgeschichte der Regenpfeifer schon immer eher die Väter um die Jungen gekümmert“, sagt Clemens Küpper, Coautor der Studie. Strategien zur Jungenaufzucht sind vermutlich angepasst an örtliche Paarungsgelegenheiten und werden vom Geschlechterverhältnis in der Population bedingt. Dieses übt so unter Umständen großen Einfluss auf die Populationsdynamik und das Sozialverhalten aus.

SSp/HR

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