Bioenergetisch-endokrine Perspektive der Telomerdynamik
(DFG gefördertes Projekt)
Die Bedingungen, denen ein Individuum während seiner Entwicklung ausgesetzt ist haben sich als ein wichtiger Faktor für seine Verfassung als Erwachsener herausgestellt. Herausfordernde Bedingungen während der Entwicklung scheinen besonders an den Telomeren Spuren zu hinterlassen. Diese schützenden DNA Stücke an den Enden der Chromosomen verkürzen mit dem Alter, aber auch wenn der Organismus Stress ausgesetzt ist. Die physiologischen Mechanismen wie diese Verkürzung zustande kommt, sowie ihre Konsequenzen für den Organismus sind bisher nur wenig verstanden. Bei Tier und Mensch scheinen hier in allen Lebensabschnitten die Glukokortikoid-Hormone ein wichtiger Faktor zu sein der einen verkürzenden Effekt auf die Telomere hat. Das Ziel meiner Studie ist es herauszufinden, über welche physiologischen Mechanismen Glukokortikoide die Telomerlängen während des Wachstums beeinflussen und welche Auswirkungen dies auf die Überlebenswahrscheinlichkeit hat. Dafür setze ich die mitochondriale Funktion, die Genexpression, die Parameter des oxidativen Stresses und fitnessbezogene Merkmale mit der Telomerlänge bei Wildvögeln mit unterschiedlichen lebensgeschichtlichen Merkmalen (z. B. Singvögel und Seevögel) in Beziehung.
In dieser Studie geht es um Telomere, das sind Chromosomenschutzvorrichtungen, die sich während der Zellteilung unter Stressbedingungen verkürzen. Die Geschwindigkeit der Telomerabnutzung hängt im frühen Leben mit der Gesundheit und der Lebensspanne von Erwachsenen zusammen. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Verfügbarkeit von Nukleotiden in der Nahrung entscheidend ist, um die Erosion der Telomere während des schnellen Wachstums in stressigen Umgebungen zu verhindern.
Casagrande, S.; Loveland, J. L.; Oefele, M.; Boner, W.; Lupi, S.; Stier, A.; Hau, M.: Dietary nucleotides can prevent glucocorticoid-induced telomere attrition in a fast-growing wild vertebrate. Molecular Ecology 32 (19), pp. 5429 - 5447 (2023)
mehr
Diese Arbeit zeigt, dass erhöhte Glukokortikoidkonzentrationen im frühen Leben zu mitochondrialer Ineffizienz und kurzen Telomeren bei sich schnell entwickelnden Sperlingsvögeln führen.
Stefania Casagrande, Antoine Stier, Pat Monaghan, Jasmine Lopez Loveland, Winifred Boner, Sara Lupi, Rachele Trevisi, and Michaela Hau, "Increased glucocorticoid concentrations in early life cause mitochondrial inefficiency and short telomeres," The Journal of Experimental Biology 223 (15), jeb222513 (2020).
mehr
Stress kann im Organismus langfristige Spuren hinterlassen, etwa in den Telomeren (TL), den schützenden Chromosomenkappen, die sich während der Zellreplikation und nach der Exposition gegenüber Stressfaktoren verkürzen. Kurze TLs gelten als Hinweis auf geringere Fitnessaussichten, aber warum sich TLs unter Stressbedingungen verkürzen, ist nicht bekannt. In dem Paper schlagen wir die Hypothese der metabolischen Telomerverschlechterung vor: In Zeiten eines deutlich erhöhten Energiebedarfs verkürzen sich die TL als Teil des Übergangs in einen "Notzustand" des Organismus, in dem unmittelbare Überlebensfunktionen Vorrang vor Prozessen mit längerfristigem Nutzen haben.
Stefania Casagrande and Michaela Hau, "Telomere attrition: Metabolic regulation and signalling function?," Biology Letters 15 (3), 20180885 (2019).
mehr