Dem Namen keine Ehre

Im Freiland schlafen Faultiere weit weniger als bisher bekannt

14. Mai 2008

Zum ersten Mal gelang es einem internationalen Forscherteam, von schlafenden Tieren im Freiland Gehirnströme zu messen. Dabei fanden sie, dass Dreizehenfaultiere im Kronendach des panamesischen Regenwaldes nur 9,63 Stunden pro Tag schlafen, sechs Stunden weniger als Faultiere in Gefangenschaft. Niels Rattenborg, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Ornithologie und seine Kollegen entwickelten eine neue Technik für die Aufnahmen von Elektroenzephalogrammen (Biology Letters, 14. Mai 2008).

Wie aussagekräftig sind Untersuchungen an Tieren in Gefangenschaft? Diese Frage konnte nun zumindest in Bezug auf das Faultier beantwortet werden. Alle bisherigen Schlafstudien haben an Faultieren in Gefangenschaft stattgefunden. Danach schlafen diese Tier mehr als 15 Stunden. Tatsächlich wurde jetzt in Rahmen von Freilandstudien nachgewiesen, dass sie im Durchschnitt sechs Stunden weniger, nämlich nur 9,63 Stunden schlafen.

Möglich wurden diese Untersuchungen durch die Weiterentwicklung einer Technik, die für die Aufnahme von Gehirnströmen bei Menschen gedacht ist. Diese wurde adaptiert an einen Miniatur-Rekorder, der neurophysiologische Daten aufzeichnet. Dieser ermöglichte es den Forschern, die Elektroenzephalogramme von Tieren in ihrer natürlichen Umgebung aufzunehmen.

Zusätzlich zu zwei Gehirnstromsensoren, welche die Faultiere wie Kappen auf ihrem Kopf trugen, wurden drei erwachsene Tiere auch mit einem Radiotelemetrie-Sender und einem Beschleunigungsmesser um den Hals ausgestattet. So konnten die Forscher die exakte Position und alle Bewegungen der Tiere über 3-5 Tage verfolgen, bevor die Faultiere wieder eingefangen und die Geräte entfernt wurden. Die Aktivität von zwei anderen Dreizehenfaultieren wurde sogar über sieben Monate kontinuierlich durch Radiotelemetrie bestimmt.

Dabei wurden die Positionen der Tiere an ein einzigartiges "Automatisches Telemetriesystem" gefunkt. Dieses haben deutsche und amerikanische Forscher vor einigen Jahren auf der panamesischen Insel "Barro Colorado Island" installiert, einer Forschungsstation des Smithsonian Tropical Research Institutes. "Das Automatische Telemetriesystem ermöglicht eine ganz neue Bandbreite an Verhaltensstudien bei Tieren", sagt Martin Wikelski, einer der Initiatoren des Systems und Koautor der Studie. Wikelski ist inzwischen als Direktor am Max-Planck-Institut für Ornithologie berufen und nach wie vor mit der Princeton University und dem Smithsonian Institut assoziiert. "Wir ermuntern alle Forscher, die Tiere im Freiland untersuchen möchten, sich in unsere Studien mit einzubringen oder selbst mit dem System tätig zu werden", sagt Wikelski.

Gehirnstromaufnahmen im Schlaf bei Faultieren im Freiland zu messen, eröffnet neue Möglichkeiten, ein komplexes Verhalten wie Schlaf auch in einer schwer zugänglichen Umgebung wie die eines tropischen Regenwaldes zu messen. "Es ist faszinierend, dass einige Tierarten viel länger schlafen als andere. Wenn wir die Gründe finden können, die den verschiedenen Schlafmustern zugrunde liegen, dann werden wir besser verstehen, wie Schlaf bei Säugetieren funktioniert, einschließlich des Menschen", sagt Niels Rattenborg.

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